Die Ästhetik des Wortes lässt in vielen Sprachen zu wünschen übrig. Die "beef bone broth" der Amerikaner, der "bone tea" des Engländers klingt für mich genauso schaurig wie die deutsche "Brühe", die dem Österreicher eine trübe, schmutzige Flüssigkeit in Hirn assoziiert. Am ehesten gelingt es wohl den Franzosen mit "Fonds" und den Italienern mit "Brodo" dem Geschmackserlebnis auch phonetisch gerecht zu werden.
Nach einem langen schönen Spätsommer haben wir spätestens seit heute Gewissheit, dass die kalten Tage unaufhaltsam sind. Trübe, naß-kalt.... Suppenwetter! Da hilft nicht mal der Blick auf Otto Wagners Goldenes Haus.
Wie gut dabei, dass mein Fleischhauer am Wochenende 9kg Knochen vom Angus feilbot. Die Tiere stehen auf den wunderschönen Teichwiesen bei Mattersburg und grasen. Nun ja...bis sie in der Suppe landen.
Nach 2 Pop up Stores für Suppe, einem am Wiener Spittelberg Christkindlmarkt (#rindsknochenpunsch) und einem weiteren in Otto-Wagners schönem Maiolikahaus (@suppe.rer) hier wie es geht:
Rinds-Knochen-Suppe (10 Liter Topf)
3 kg Knochen (am besten eine Mischung: 1/3 Mark, 1/3 Weisse, 1/3 Fleischknochen)
1 Zwiebel
1 kl. Stange Lauch
2 Karotten
1/3 Sellerieknolle
Thymian & Pfefferkörner
Salz (dazu später)
Spezialbehandlung Markknochen:
Ihr werdet sehen, dass die Knochen sehr viel Fett (Talg) abgeben, den man größtenteils abschöpft. Daher finde ich es schade, wenn das gute Mark in der Suppe baden geht und dann untrennbar vom Talg ist. Deshalb löse ich das Mark immer aus dem Knochen und verwende es für anderes. (z.B. Risotto Milanese)
Dazu die Markknochen gut wässern. In Eiswasser legen (mind. 1 Stunde, am besten jedoch über Nacht im Kühlschrank und wenn möglich das Wasser erneuern) und dann mit dem Daumen das Knochenmark rausdrücken. Achtung: manche Knochen haben durch den Innenhohlraum des Knochens Quer"gräten" - wenn man rausdrückt, spürt man sie, die will man nicht im Essen haben. Mehr zur Verwendung der Markknochen - ein andermal.
Ein Backblech mit Papier auslegen und alle Knochen darauf verteilen (nicht stapeln).
Das Backrohr auf 220 Grad anheizen und die Knochen darin rösten (ca. 20-30 Minuten)
Die Knochen, Thymian und Pfeffer in den Topf schlichten, mit Wasser aufgießen und am Herd zum Köcheln bringen. Sie soll nicht sprudeln, sondern 18 Stunden vor sich dahin köcheln.
Jetzt müsste man eigentlich nur mehr 18 Stunden warten und alles ist gut. Folgende Herausforderungen können dabei auftreten.
Durch die lange Kochzeit verdampft Wasser und da kann es leicht passieren, dass die eingestellt Temperaturstufe die Suppe zu heftigem Kochen bringt, da ja weniger Flüssigkeit im Topf ist. TIPP: sehr gut isolierenden Topf nehmen (dickwandig) mit gutem Deckel
Manche Herde (meiner z.B.) schalten nach einer gewissen Zeit einfach ab - Anleitung lesen und wieder einschalten oder TIPP: im Backrohr funktioniert es wunderbar, die Temperatur will jedoch beobachtet werden (ca. 120 Grad) - kommt jedoch stark auf die Temperatur der Suppe an, wenn sie ins Rohr kommt, Dicke und Material des Topfes
Am besten funktioniert auf alle Fälle ein Thermometer inkl. Temperaturreglerfunktion- wer so etwas hat, sollte in die Brodo-Profi-Produktion einsteigen.
90 Minuten vor Ende der Kochzeit erst das grob-geschnipselte Gemüse dazuschmeißen.
Das Kochen mit gerösteten Knochen hat 2 Vorteile:
das Abschaum abschöpfen entfällt, da quasi keiner entsteht
das Gemüse muß nicht zwingend angeröstet werden, da genug Röstaromen in den Knochen ist
SALZ kommt erst dazu, nachdem die Suppe abgeseiht wurde. Um den richtigen Salzgehalt zu bestimmen, muß die Suppe nun zuerst auf die Waage. Im Regelfall erhalte ich ca. 5 Liter Suppe - die mit 7% Salz - d.h. 35g Salz gewürzt werden. Da Salz aber nicht Salz ist, umbedingt kosten, gegebenenfalls nachsalzen.
Das Fett schwimmt nun oben auf. Lässt man die Suppe abkühlen, so beginnt das Fett bei einer Temperatur unter 12 Grad eine schöne weiße Schutzschicht auf der Suppe zu formen. Die kann man dann mit einem Schöpflöffel gut abnehmen. Ein bißchen Fett sollte jedoch auf der Suppe bleiben, damit es gut schmeckt - Goldaugen. Das abgeschöpfte Fett kann man zum Braten verwenden oder man entsorgt es im Fett-Eimer.
Fertig ist die Suppe.
In Glasflaschen gefüllt und bei 100Grad im Dampfgarer 50 Minuten lang pasteurisiert - hält die Suppe bis zu 8 Wochen. Achtung auf den Plop beim Deckel der Flasche. Alternativ kann man sie auch in Behältern einfrieren.
Shio Koji Angus
...und nun zum noch spannenderen Teil ....
200g Fleisch (bei mir ein Hüferl-Stück vom Angus)
100g Shio-Koji
Das Fleisch im ganzen mit dem Shio-Koji von allen Seiten einreiben und über Nacht bei kühler Raumtemperatur (kleiner 19 Grad) stehen lassen. Dabei abdecken mit Folie.
Am nächsten Tag die Shio-Koji Paste abwischen, das Fleisch trocken tupfen und kurz anbraten. Achtung: durch die Shio-Koji Behandlung wird die Bräunung des Fleisches enorm beschleunigt. D.h. es geht fast doppelt so schnell, als gewöhnlich - daher aufpassen, dass das Fleisch nicht anbrennt.
Am besten diesen Schritt 1 Stunde vor Ende der Kochzeit der Suppe machen - und dann das Fleisch einfach in der Suppe fertiggaren (ca. 30 Minuten - je nach Dicke des Fleisches). Abkühlen lassen und in feine Streifen schneiden. Das Shio-Koji Fleisch verleiht der Suppe nochmal einen zusätzlichen Umami-Kick.
Mit kurz gedünsteten Gemüse und selber-gemachten Soba-Nudeln - eine echte Wärmespende-Aktion für Körper und Seele.
Wahnsinng gut!
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